Komfort im Erholungsraum: Polstergruppe aus Kuhmist bei Erlosen, Gemeinde Hinwil im Zürcher Oberland zu Weihnachten 1989

Meine Einstellung zur Behauptung, verdichtetes Bauen am Stadtrand würde der Zersiedelung des Landes einen Riegel schieben, der Gedanke im Hintergrund von der Installation „Komfort im Erholungsraum“ hat sich im Laufe der Jahrzehnte nicht geändert. Künstlerisch nehme ich in „Komfort im Erholungsraum“ Abstand vom Raumplanungskonzept mit einem Vokabular aus Wörtern wie „Erholungsraum“, «öffentlicher Raum» oder „Siedlungsraum“ und von dem Märchen, dass die Raumplanung zum Wohl der Bevölkerung tätig sei.
Zu dritt mit Fotograf und Theaterkünstler Etienne von Graffenried und dem Bühnentechniker Hans Mader aus Hinwil bauten wir die Polstergruppe aus vom Landwirt geliehenem Kuhmist im Massstab 2:1. Das Sofa war 5 Meter breit.
Etienne von Graffenried kümmerte sich mit Sorgfalt um die fotografische Dokumentation des Projekts und er arbeitete während des sechs Tage dauernden Baus der überdimensionalen Polstergruppe bei Wind, Regen und Schnee mit.
Die auf Flugbilder spezialisierte Pressebild-Agentur Comet schickte einen Fotografen mit einer hohen Bockleiter, um ein Foto in Vogelperspektive herzustellen. Die Sonntagszeitung bekam das Exklusivrecht für die Erstveröffentlichung am 24. Dezember 1989 des Fotos von Comet mit Text. Die Tagespresse übernahm die Agenturmeldung, welche vor Jahresende 1989 schweizweit noch in über 20 weiteren Zeitungen mit Bild und Text erschien.
Die Installation blieb 3 Monate lang stehen. Inzwischen hatte das Werk den Namen «Mistsofa» bekommen.
Hinter der Idee, eine Polstergruppe aus Kuhmist zu bauen war meine Erwägung, dass es kein noch so stark verdichtetes Bauen am Stadtrand gibt, das das Versprechen einlöst, der Zersiedelung entgegen zu wirken. Der Boden, der heute „Erholungsraum“ für Stadtmenschen ist, wird morgen der kostbare Baugrund anonymer Investoren, „Siedlungsräume“, oder «Gewerbegebiete» sein.
Das Besiedeln von Landwirtschaftsfläche in Europa ist ein wirtschaftlicher Mechanismus, der vor Ort Mehrwert ohne Arbeit generiert. Es gibt noch andere Wege, Mehrwert ohne Arbeit abzuschöpfen, aber das Wachstum der Städte, aus welchem Reichtum ohne Arbeit vor Ort entsteht ist einer der stärksten Motoren des Wirtschaftswachstums.
Die Hügel zwischen Wetzikon und Hinwil, wo die Polstergruppe aus Kuhmist stand, sind wie durch ein Wunder immer noch Landwirtschaftsland.
Ich besitze einen ganzen Stapel schwarzweiss- Postkarten mit dem Agenturbild von Comet von der Polstergruppe zusammen mit dem Mistbau-Trio. Ausserdem habe ich eine Anzahl grossformatige schwarz/weiss Abzüge von der Foto-Dokumentation, die Etienne von Graffenried gemacht hat, die man wieder mal zeigen könnte.